Direkt zum Hauptbereich

Der Bachelor und ich

Kinder, sicher habt auch Ihr es längst erkannt, aber dennoch scheue ich mich nicht davor die Worte offen auszuschreiben: Die alljährliche Bachelor-Staffel und alles was drum herum geschieht ist nicht nur wie eine Muse für mich und inspiriert mich auf immer neue Weise, nein, tatsächlich ist der Bachelor für mich oft noch besser als jede Schule des Lebens. Was wir da nicht alles lernen können! Kinder, da fängt mein Kopf gleich an zu schwirren und mein Herz wie wild an zu pulsieren, huiuiuiuiuiuiui!!

Die Quote, die Quote, die Quote! Im Fernsehen und viel zu oft auch in unserem eigenen Leben geht es immer um die Quote. Und wäre Viola am vergangenen Mittwoch in der Show geblieben, und damit eigentlich bereits im vergangenen November, Oktober, September oder gar August, also zur Zeit der tatsächlichen Aufzeichnung der Sendung, hätte vielleicht kaum eine(r) mehr das Finale geguckt weil Fernseh-Deutschland so oder so geglaubt hätte zu wissen wer gewinnt. Zumindest werden das die Beweggründe vom RTL gewesen sein einen neuen Twist in das ansonsten vielleicht allzu vorhersehbare Finale zu bringen, denn ein glaubwürdiges Happy End für eine Flirt-Love-Show, das ist doch auch einfach nichts, was der geneigte Zuschauer sehen will. Also wirklich, bitte!

Auch in den vergangenen Jahren war das nicht anders. Wir erinnern uns an Oliver Sanne und Sarah Nowak als auf einmal die bis dahin recht unscheinbare Carolin Ehrensberger im Finale stand. Natürlich, natürlich!, weil Sarah nach dem Dream-Date am Sandstrand nicht beim Bachelor-Oli in der Bambushütte übernachten wollte. Und so hatte der RTL einen klasse Aufhänger dafür, dass eben nicht das bis dahin favorisierte Playmate Sarah Nowak gewinnen würde, sondern die, zumindest was die Haarfarbe angeht, eben so blonde Liz Kaeber. Und bums, war wieder Spannung in der Luft. Und gleichsam Verwirrung vor den deutschen Fernsehbildschirmen. Die Sarah und der Oli, die hatten doch so gut zusammen gepasst! Und dann so ein jähes Ende?

Ebenfalls versteht bis heute wahrscheinlich kein Mensch wie Leonie Pump im letzten Jahr als Siegerin aus der Bachelor-Staffel mit Leonard Freier heraustreten konnte, war doch Daniela Buchholz wochenlang die Favoritin des lispelnden Rosenkavaliers gewesen. Und was genau machte eigentlich Leonie Rosella unter den letzten drei Kandidatinnen? Ach, ist ja auch egal, ich schweife schon wieder ab. Aber die Frage sauste gerade durch meine Gedanken.

Liegt’s also am RTL dass aus den finalen Kurzzeit-Bachelor-Liebespaaren am Ende kein Langzeit-Liebespaar wird? Weil der vermeintliche Doktor-Love-Sender souffliert wer wann geht und der jeweilige Kandidat diese Entscheidung letztendlich gar nicht selber treffen darf?

Und dann wird es auf einmal doch wieder knifflig, und ab einem gewissen Punkt wird es schwer nachzuvollziehen was denn jetzt eigentlich genau von einem erwartet wird. Sei es nun eine von Sebastians Liebesanwärterinnen oder seien es wir selbst, ganz ohne Bachelor und Kamera. Denn geknutscht hat sie und das nicht zu knapp und auch sonst augenscheinlich alle der sicherlich hohen Auflagen vom Live-Tinder-Sender erfüllt, aber trotzdem musste Viols am letzten Mittwoch offiziell gehen. Sie hat keine Rose von Sebastian Pannek bekommen.

Warum nicht ich? wird sie sich mittlerweile hoffentlich nicht mehr fragen müssen, denn sie hat die entsprechenden Antworten in der Zwischenzeit vom RTL bekommen. Und damit verstanden haben, dass es um die Quote ging, und nicht um die Liebe. Also, zumindest wird das Fernsehen ihr das vielleicht so erklärt haben. Wenn auch etwas subtiler. Und ich kann es nur hoffen, denn wir haben Antworten verdient.

Auch bei sportlichen Aktivitäten heißt es oft so schön: „Möge der Beste gewinnen!“ Und auch wir wurden in dem Glauben erzogen, dass derjenige der sich am meisten anstrengt am Ende auch siegen wird. Aber so ist es dann eben doch nicht. Es geht darum wer bereit ist am meisten zu tun, nicht nur, aber sicher auch beim Bachelor. Wir können uns manchmal noch so sehr anstrengen, wenn wir es nicht sind die gewinnen sollen, dann werden wir auch nicht gewinnen. Und manchmal erfahren wir nicht mal den Grund dafür. Wie gemein. Und das Rätselraten über das warum macht es auch nicht besser.

Warum nicht ich? ist am Ende jedoch oft die Frage die einem keine beste Freundin, kein Bruder und auch kein Therapeut beantworten kann. Aber es ist hilfreich zu verstehen WARUM WIR ETWAS WOLLEN. Warum wir um etwas kämpfen. Und warum wir uns die letzte Rose wünschen. Das mindert niemals die Enttäuschung wenn wir sie dann doch nicht bekommen, aber es hilft uns selbst klarer zu sehen wenn wir wissen warum uns etwas wichtig ist und warum wir dafür einstehen. Mein damaliger Freund hatte dafür sogar noch klarere Worte: „Entweder man liebt jemanden, oder man liebt jemanden nicht.“

Wenn wir vom Gegenüber keine Antworten bekommen ist es umso wichtiger, dass wir für uns selbst klären warum wir etwas wollen. Und diese Antwort können wir in uns selbst finden.

Und ob wir jemanden lieben oder nicht, das können weder der RTL noch der Abendwind entscheiden. Aber ob wir es zulassen wenn wir es fühlen, das entscheiden wir selbst. Und daran bemisst sich letztendlich auch wie stark wir wirklich sind.

Entweder man liebt jemanden, oder man liebt jemanden nicht.

Auch wenn es beim Live-Tindern beim RTL am Ende eben nur um Unterhaltung und nicht um die Liebe geht, habe ich mich doch gefragt was das soll, dass Viola auf einmal gehen muss obwohl es zwischen den beiden schon lange für alle gut sichtbar gefunkt und geknistert hat. Haben die beiden denn nicht ihr Happy End verdient? Und müssen nicht auch wieder einmal Zeichen für die Liebe gesetzt werden und nicht stets und ständig nur die Zahlen stimmen? Hat das Fernsehen denn nicht gewissermaßen auch eine Vorbildfunktion? Und der RTL letztendlich nicht viel mehr davon ein glückliches Liebespaar zu vermarkten?

Scheinbar nein, denn es zählt nur die Quote. Und wenn am Ende die langweilige und über die Maßen dümmlich lachende Erika gewinnt, dann versteht zwar wieder einmal keiner warum, aber die PR ist da, und jede PR ist gute PR. Auch wenn einen Tag später die Trennung der beiden gurrenden Turteltauben medienwirksam, wie sollte es anders sein, bekannt gegeben wird.

Sicher, man darf natürlich das Fernsehen nicht immer mit dem echten Leben vergleichen, gerade beim RTL werden wir nie wirklich erfahren was hinter dem Rauswurf von Viola steckt, aber es gibt so viele Parallelen, dass ich gerade heute wieder einmal nicht umhin komme Vergleiche anzustellen.

Und ich gehe schwer davon aus, dass auch Sebastian Pannek sich das mit dem Bachelor-Dasein irgendwie anders vorgestellt hat, und dass er tatsächlich recht gerne mit Viola in den Sonnenuntergang geritten wäre. Oder zumindest so was in der Art. Denn bei Instagram reagierte er auf die Frage einer Userin ob er nicht im nächsten Jahr nochmal mitmachen kann äußerst sparsam und schrieb lediglich: „Es war eine gute Erfahrung. Aber nächstes Jahr ist ein anderer dran.“ Und ich glaube hinter dieser Aussage stecken einige Antworten.

Aber was soll uns das jetzt sagen? Können wir etwa nicht selber entscheiden was wir wollen? Doch, das können wir. Im Fernsehen nicht, und wenn uns jemand vorschreibt wie wir uns entscheiden müssen, weil wir einen Vertrag unterschrieben haben, auch dann wird es schwer. Aber wenn wir wissen was wir wollen und auf unser Gefühl und unser Herz hören, dann können wir uns entscheiden. Denn entweder man liebt jemanden, oder man liebt jemanden nicht. Allerdings ist nicht jeder in der Lage genau nachzufühlen was er will und dann auch dementsprechend zu handeln. Denn Veränderungen machen Angst, und so belässt man Dinge oft lieber beim Alten. Auch wenn wir uns damit die Chance nehmen das zu bekommen was wir uns tief in unserem Inneren sehnlichst wünschen und uns am Ende unserer Möglichkeiten berauben.

Wenn die Liebe also nicht siegt, liegt es dann oftmals gar nicht an uns selbst sondern an der Angst des Senders vor dem Verlust der Quote?

Und wenn wir das dann eben doch weiterführen und auf unser Leben ummünzen, heißt das wir können manchmal so sehr wir uns auch bemühen nichts dagegen tun wenn wir nicht bekommen was wir uns wünschen weil unser Gegenüber die Quote nicht versauen darf? Auch wenn wir selbst gar nicht wissen können wie diese Quote aussieht? Oder weil zu sehr darauf geschaut wird was die Zuschauer erwarten?

All das erscheint mir furchtbar anstrengend. Und dennoch glaube ich daran, dass es abseits von dem wie es sein muss, abseits von dem wie wir denken dass etwas zu sein hat, wir uns auf unser Gefühl verlassen und uns neu ausprobieren dürfen. Vielleicht sogar müssen, ja. Gegen all die Reglementierungen von außen, gegen all das was das Publikum verlangen könnte, gegen all das was die Gesellschaft uns vorzuschreiben versucht wie es „richtig“ ist.

Auf einer Bahnreise vor vielen Jahren saß ich einmal neben einem amerikanischen Geschäftsmann mit dem ich auf der langen Fahrt von Würzburg zurück nach Hamburg ins Gespräch kam. Er arbeitete für Bosch und an der Art und Weise wie er mit mir sprach war deutlich zu spüren dass er nicht nur Lebenserfahrung gesammelt sondern auch verstanden hatte worum es im Leben geht. Zur Verabschiedung sagte er zu mir: „Be adventurous. It’s all in your heart.“

Ich habe ihn nie vergessen. Dieser Satz hängt seither als Post-it in meinem Türrahmen. Und auch wenn die Schrift schon sehr verblasst ist, weiß ich immer noch ganz genau was dort steht.

Sicher, dazu gehört unglaublich viel Mut. Und die Angst vor Veränderungen, die wir nicht absehen können hemmt uns manchmal unsere Abenteuerlust zu leben und unserem Herzen zu folgen. Die Angst, die neue Dinge mit sich bringen, eben weil sie neu sind und wir nicht wissen wie wir damit umgehen werden. Die Angst, die Quote zu versauen und das Publikum zu enttäuschen. Aber wenn wir nur auf das Publikum schauen bleiben wir nicht bei uns selbst sondern eben bei den Zuschauern. Und verleugnen damit das was wir selber wollen. Und wenn es noch so abenteuerlich erscheinen mag, so liegen in unserer Abenteuerlust doch unsere sehnsüchtigsten Wünsche. Und in eben diesen Sehnsüchten liegen unsere Möglichkeiten. Entweder man liebt jemanden, oder man liebt jemanden nicht.

Ich selber fühle mich ständig wie zuletzt beim Bachelor in der TV-Show. Gefühlt alles richtig gemacht und trotzdem keine Rose bekommen. Gut, beim RTL hat der Sender die Finger im Spiel weil die Quote stimmen muss. Aber im echten Leben fühlt es sich für mich auch immer wieder so an als ob auch da die Quote stimmen muss. Denn wenn ich ein bestimmtes Bild nicht erfülle, oder wenn mein Gegenüber glaubt ein bestimmtes Bild für das Publikum erfüllen zu müssen, dann bekomme ich die Rose am Ende eben doch nicht. Auch wenn doch eigentlich alles für diese bedeutende letzte Rose spricht.

Aber ich möchte mich weder länger an die Quote halten noch daran was andere von mir erwarten. Das tue ich schon mein ganzes Leben und es hat nicht gerade dazu geführt, dass ich es genieße. Das tue ich ehrlich gesagt meist nur dann wenn ich mich mal kurz nicht daran halte was die Gesellschaft und die Zuschauer von mir erwarten. Ich glaube, dass es mehr gibt als den Regeln der anderen zu folgen. Und wenn die Quote dann nicht mehr stimmt, dann geht eine Sendung zu Ende, ja, das mag durchaus sein. Aber das heißt nicht, dass daraus nicht das Konzept für ein neues, vielleicht viel anspruchsvolleres und gleichsam spannenderes Format entstehen kann. Oder wie Kurt Krömer kürzlich kommentierte: „Wenn alle brav sind, landen wir alle in einer Quiz-Sendung oder Koch-Show. Es muss schon wehtun. Was niemandem wehtut, kann auch niemanden berühren.“

Die stetige Angst vor Veränderung. Der stetige Wunsch nach Liebe. Die stetige Angst einem bestimmten Bild nicht zu entsprechen und dadurch abgelehnt zu werden. Vielleicht ist es noch viel hilfreicher als wir in diesem Moment ahnen können, wenn wir zum ersten Mal etwas anders machen. Und wenn wir so auch nicht direkt in den Himmel kommen, so kommen wir damit vielleicht doch endlich überall sonst hin. Und das, Kinder, das kann nur fabelhaft werden.

Und was Viola und Sebastian angeht haben die beiden ihr Glück vielleicht längst abseits der Kameras gefunden. Wer weiß. Ich glaube daran, dass alles möglich ist. Und den Rest überlasse ich für heute dem Universum. Because you never know what happens next. Be adventurous. It’s all in your heart. Have a very good monday, lovers. Enjoy.

Für meinen Freund M.H. Danke für alles. Now, then and forever.

Kommentare

Beliebte Posts aus diesem Blog

Mittendrin statt nur dabei - Meine wilde Party-Nacht mit den Promis

Kinder, es gibt Momente im Leben, die muss man einfach noch mal Revue passieren lassen. Weil sie einmalig waren, beeindruckend, belustigend, merkwürdig, spannend, aufregend, oder sogar alles zusammen. Daher möchte ich Euch heute noch einmal mitnehmen zur Movie meets Media Party in Berlin und wünsche Euch viel Spaß bei diesem herrlichen Rückblick! Es ist ein absolutes Mega-Highlight: ich habe Karten für die Movie meets Media Party anlässlich der Berlinale in unserer Hauptstadt gewonnen und ich kann mein Glück kaum glauben. Aber ehe ich mich versehe und noch länger darüber nachdenken kann, was für ein Glück ich hatte, sitze ich auch schon im Bus und brause mit wehendem Haar gen Berlin. Im Hotel angekommen bleiben mir noch gute drei Stunden um mich auf den abendlichen Event der Spitzenklasse vorzubereiten, und die Zeit will gut genutzt werden. Schließlich will ich den Promis in nichts nachstehen. Und so verwende ich unzählige Minuten und ganz viel Hingabe darauf, ebenfalls wie ein Prom

Ich will Single sein - aber mit Dir zusammen

Liebe Romantiker, liebe Querdenker, liebe Anders-Macher, heute möchte ich mich nicht selbst mit Ruhm bekleckern, sondern einen fabelhaften Artikel aus der kanadischen Huffington Post von der Bloggerin Isabelle Tessier mit Euch teilen. Ins Deutsche übersetzt wurde er von Franca Lavinia Meyerhöfer. Ich persönlich habe mich sofort darin wiedergefunden und mich gleich mit dem Geschriebenen identifizieren können. Wer weiß wie es Euch geht. Ich wünsche Euch eine Lektüre, die Euch zum Schmunzeln bringt und Eure Gedanken schweifen lässt. Enjoy, lovers! Have a very good tuesday night. http://www.huffingtonpost.de/isabelle-teissier/ich-will-single-sein-aber-mit-dir-zusammen_b_7832566.html

Auf ein Glas Spaß-Wein

Liebe Festgenossen, wer sucht ihn nicht? Einen herrlichen, wohlschmeckenden Tropfen Wein zu einem guten Preis, der einfach immer passt? Nun, ich habe ihn gefunden und ich stelle ihn Euch gerne vor. Warum ich auf diesen Wein aufmerksam geworden bin? Zum ersten habe ich von Natur aus immer ein offenes Auge für das was um mich herum passiert, weiterhin interessiere ich mich ausserordentlich für guten Wein zu angemessenen Preisen und last but not least lese ich ausgesprochen gerne die Produktbeschreibung auf dem Flaschen-Etikett. Gerade kürzlich fand ich also den Wein, den ich Euch heute vorstellen möchte. Pont Chalet Cinsault Rosé. Interessiert drehte ich bei Edeka am Regal stehend die Flasche um und inspizierte die gedruckten Informationen. Als meine Augen mit amüsiertem Schreck während meiner Lektüre auf dem Begriff "ein absoluter Spaß-Wein" hängenblieben und ich kurz aber heftig husten und prusten musste, habe ich mir gedacht, dass ich die dekadente Dreistigkeit der Schreiber